Der 29. Annalise-Wagner-Preis geht an die kunstwissenschaftliche Dissertationsschrift von Dr. Elke Pretzel zum Thema „Eine gebrochene Sammlung. Die Städtische Kunstsammlung in Neubrandenburg (1890-1945)

„Kultur trotzt Corona“: Die Annalise-Wagner-Stiftung vergibt auch in diesem Jahr den mit 2500 Euro dotierten Annalise-Wagner-Preis an einen hervorragenden Text mit Bezug zur Region Mecklenburg-Strelitz im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.

Unterstützt wird die Preisvergabe von der Neubrandenburger Stadtwerke GmbH
und dem Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.

Aus 69 Bewerbungen und Vorschlägen hat die Jury im Jahr 2020 zum 3. Mal in der Stiftungsgeschichte eine Hochschulschrift ausgewählt. Ausgezeichnet wird die kunstwissenschaftliche Dissertation von Dr. Elke Pretzel aus Jürgenstorf im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.

Sie setzt sich auseinander mit dem Thema:
„Eine gebrochene Sammlung. Die Städtische Kunstsammlung in Neubrandenburg (1890-1945) ; Rekonstruktion der während des Zweiten Weltkrieges verlustig gegangenen Sammlung als Beispiel für Kulturgutverluste kleinerer Museen in Mecklenburg“. Die Publikation wurde veröffentlicht in der „Edition Lesezeichen“ bei Steffen Media (ISBN 978-3-941681-61-3).

Cover Dr. Elke Pretzel, Foto: privat
COVER © Steffen Media Dr. Elke Pretzel © privat

In der Begründung der Jury zur Preisvergabe heißt es: „Auf der Grundlage langjähriger und akribischer empirischer Forschungen, durchgehend faktenbasiert und methodisch breit aufgestellt“ macht diese Publikation eine „verlorene Kunstsammlung wieder sichtbar“: Sie gibt der vor 130 Jahren gestifteten, vor 75 Jahren am Kriegsende verschollenen, bis vor 30 Jahren fast vergessenen historischen Städtischen Kunstsammlung Neubrandenburg“ (1890-1945) „wieder ein Gesicht“. [1]

Die Städtische Kunstsammlung Neubrandenburg“ (1890-1945) war das einzige bürgerlich begründete Kunstmuseum der Region Mecklenburg-Strelitz und gehörte von 1890 bis 1945 zu den drei kommunalen Museen der Stadt Neubrandenburg. Seit den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs sind die Sammlungsbestände verschollen, Ausstellungsort und Dokumente fielen am Ende des Zweiten Weltkriegs einem verheerenden Stadtbrand zum Opfer. Die Zeit zwischen 1945 und 1990 prägten „öffentliches Schweigen und Diskurs-Tabu“ zum Verlust dieser Sammlung. Im „Gedächtnis“ von Stadt und Region fasste die Erinnerung an Geschichte und Traditionen dieses Kunstmuseums erst nach 1990 wieder Fuß. Einzige authentische Zeugnisse der Sammlungsobjekte sind tausende zerbrochene, verbrannte Scherben, die 2006 bei archäologischen Grabungen am Neubrandenburger Marktplatz entdeckt wurden.

Blick in die Ausstellungsräume der Städtischen Kunstsammlung, Palaisstraße 2, um 1913. Abb enth. in: Neubrandenburg und Umgebung, um 1913, S. 32., Foto: Franz Neitzel, Neubrandenburg um 1913
Fragment eines weiblichen Kopfes, 1890–1910. Foto: Bernd Kuhnert, Berlin 2012Couvert der Testamentsurkunde von Henry Stoll, 25.4.1890. Amtsgericht Neubrandenburg, So, 1888, 294, C.

Trotz schwieriger Quellenlage zeichnet Autorin mit detailreicher Präzision und mit weitem kulturgeschichtlichem Blickwinkel ein farbiges, nuancenreiches, komplexes Bild von 55 Jahren „gebrochener Geschichte“ dieses Neubrandenburger Kunstmuseums, in dem sich die Brüche der Zeitgeschichte widerspiegeln. Dabei spielt auch die zwischen 1945 und 1990 „gebrochene Erinnerung“ an den kriegsbedingten materiellen und ideellen Kulturgutverlust eine wichtige Rolle und es geht um Probleme und Chancen von Erforschung, Rekonstruktion und neuer Verankerung dieser „Kunst-Geschichte(n)“ im „Gedächtnis“ von Stadt und Region.

Die Dissertationsschrift von Dr. Elke Pretzel gehört zu den ersten, die „gebrochene Geschichten“ und kriegsbedingte Kulturgutverluste speziell von kleineren Museen und Kunstsammlungen in Mecklenburg und in Ostdeutschland wissenschaftlich beleuchten.

Auch über den kunstwissenschaftlichen Rahmen hinaus kann dieser wissenschaftliche Text viele Interessierte erreichen, weil es der Autorin gelingt, das akribisch mit Fakten untermauerte Bild der Städtischen Kunstsammlung Neubrandenburg so farbig auszumalen, logisch aufzubauen und gut verständlich zu beschreiben, dass der Leser leicht und fasziniert Zugang findet.

Dr. Elke Pretzel ist seit 1988 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kunstsammlung Neubrandenburg, die 1981 neu begründet wurde. Nach 1990 nahm diese Institution die Suche nach Informationen zu Geschichte und Kulturgutverlusten ihrer historischen Vorgänger-Einrichtung auf und erinnert heute in ihrer Dauerausstellung daran. Elke Pretzels Forschungen fußen im dienstlichen Auftrag, doch die akribische, schwierige Spurensuche führten sie weit darüber hinaus. Ihr Engagement für die „verlorene Sammlung“ wurde zur Herzenssache und ein Stück weit zur Lebensaufgabe.

Die öffentliche Verleihung des 29. Annalise-Wagner-Preises ist geplant (vorbehaltlich aktueller Regelungen zur Corona-Pandemie) am europäischem „Tag der Stiftungen“, dem 1. Oktober 2020, im Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz in Annalise Wagners Heimatstadt Neustrelitz. Die Annalise-Wagner-Stiftung lädt herzlich ein!

 

Mehr Informationen zum Annalise-Wagner-Preis 2020 finden Sie auf der Preisträgerseite.

Mehr Informationen zur Stiftungsarbeit
gibt es bei der Geschäftsstelle der Annalise-Wagner-Stiftung:
Kontakt: Telefon 0395 / 5551333, Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!,
Ansprechpartnerin: Heike Birkenkampf, Vorstandsmitglied

 


[1] Begründung der Jury zur Vergabe des 29. Annalise-Wagner-Preises

Additional information

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.