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                                  Zur
                                  festlichen Preisverleihung des
                                  „Annalise-Wagner-Preises“ und der
                                  „Lobenden Anerkennung für junge Autoren“
                                  begrüßten Fritz Jaeger, Geschäftsführer
                                  der Gut Conow GmbH, und Dr. Joachim Lübbert,
                                  Kuratoriumsvorsitzender der
                                  Annalise-Wagner-Stiftung, am 26. Juni 2010 in
                                  der Kunsthalle Wittenhagen des Gutes
                                  Conow mehr als 100 Gäste. Am
                                  24. Todestag der Stifterin wurde ein außergewöhnliches
                                  „Kapitel Stiftungsgeschichte“ geschrieben:
                                  Zum ersten Mal ging der
                                  „Annalise-Wagner-Preis“ an eine Autorin
                                  aus dem Ausland und die „Lobende Anerkennung
                                  für junge Autoren“ an einen
                                  Belletristik-Text.
 
                                    
                                      |  |  |  Im Namen der Jury lobte Marko Klappstein, Vorstandsvorsitzender der Förderstiftung
                                  Kultur und Wissenschaft,
                                  die inhaltliche und sprachliche Reife der Erzählung „Familie
                                  im Sommer im Kahn“ von Jugendpreisträger
                                  Marco Lehmbeck.
                                  Der er aus Fürstensee bei Neustrelitz
                                  stammende 23jährige Berliner setze sich aus
                                  der Perspektive Jugendlicher mit dem Wert von
                                  Heimat und Identität auseinander. „Die
                                  Ferne, die Fremde, die somit gewonnene Lebens-
                                  und Welterfahrung ist für ihn Anlass, über
                                  Heimat, Prägungen und Wurzeln zu reflektieren
                                  – und er findet einprägsame sprachliche
                                  Bilder für seine Heimat Mecklenburg-Strelitz“,
                                  heißt es in der Jurybegründung. Die Vergabe
                                  der vierten „Lobenden Anerkennung für junge
                                  Autoren“ wurde gefördert durch eine Spende
                                  der Neubrandenburger neu.pro GmbH. Den
                                  Jugendpreis überreichten Herr Lothar Schmidt,
                                  Stadt Neubrandenburg, Herr Andreas Grund, Bürgermeister
                                  der Stadt Neustrelitz, und Herr Dr. Joachim Lübbert,
                                  Kuratoriumsvorsitzender der
                                  Annalise-Wagner-Stiftung. 
                                    
                                      |  |  |  Der
                                  Annalise-Wagner-Preis 2010 würdigt Pauline
                                  de Boks
                                  dokumentarischen Roman „Blankow
                                  oder Das Verlangen nach Heimat“ (übersetzt
                                  von Waltraud Hüsmert, weissbooks Verlag 2009,
                                  ISBN 978-394-0888-044).
                                  Die niederländische Autorin erzählt mit
                                  anonymisierten, aber authentischen
                                  Lebensgeschichten aus der Region
                                  Mecklenburg-Strelitz deutsche Geschichte aus
                                  ostdeutschem Blickwinkel. „Mit dem „Blick
                                  von außen gelingt es ihr, das Exemplarische
                                  in regional geprägten Schicksalen zu sehen
                                  und ‚die große Historie … anhand von
                                  Einzelleben zu erzählen’ (P. de Bok)“,
                                  meinte die Jury, von einer „neuen,
                                  poetischen Art der Geschichtsschreibung“
                                  sprach Rezensentin Dorothea Dieckmann (NZZ)
                                  und Cees Nooteboom urteilte: »Wer etwas von
                                  der DDR und der deutschen Geschichte verstehen
                                  will«, der kommt nicht um dieses Buch herum.«
                                  Literaturästhetisch setzt das Preisträgerbuch
                                  Maßstäbe für das Genre „literarische Non
                                  Fiction“, gilt z. B. Geert Mak als „glänzendes
                                  Beispiel des Slow Journalism“ oder Eckehard
                                  Fuhr als „Meisterstück der Gattung
                                  poetisches Sachbuch“ (Zitate: www.paulinedebok.nl). 
                                    
                                      |  |  |  Laudator
                                  Axel Kahrs (Leiter der
                                  Niedersächsischen Stipendiatenstätte Künstlerhof
                                  Schreyahn,
                                  Vorstandsvorsitzender der Nicolas-Born-Stiftung und
                                  Mitautor des Standardwerkes „Literarischer Führer
                                  Deutschland“) lotete in seiner
                                  beeindruckenden Laudatio vielschichtige philosophische und poetische Dimensionen des Textes aus
                                  und resümierte: Pauline de Bok hat „mit
                                  genauer Beobachtungsgabe, großer Kennerschaft
                                  und sicherem Sprachempfinden“ das
                                  philosophische Werk Ernst Blochs „übertragen
                                  in bleibende, souveräne Literatur.“ Und es
                                  sei ein „großes Glück für den Leser“,
                                  dass Übersetzerin Waltraud Hüsmert die
                                  sprachlichen Nuancen „ins Deutsche retten
                                  konnte“. Die Laudatio betonte die Bedeutung
                                  des „fremden Blicks“: Pauline de Boks „Blankow“
                                  sei ein „schwerer Gang durch knapp
                                  zweihundert Jahre deutscher Geschichte,
                                  festgemacht an Blankow, einem Ort im
                                  Abseits“ – und „nur eine Nicht-Deutsche
                                  ist in der Lage, mit dem fremden zweiten Blick
                                  der Unbetroffenen, Unbeteiligten all das zu
                                  notieren“, „gerade ihr Frei-Sein von
                                  Schuld-und Sühne-Gedanken macht uns als Leser
                                  bereit und fähig, ihr im Buch durch dunkle,
                                  bittere Kapitel zu folgen.“ Axel Kahrs zog
                                  das Fazit: „Wann und wo auch immer in
                                  Zukunft vom Leben auf dem Lande die Rede sein
                                  wird, … führt kein Weg an „Blankow“
                                  vorbei. …Der Region hat sie [Pauline de Bok]
                                  so ein sprachliches Denkmal errichtet, das
                                  bleiben, das überdauern wird, und das an
                                  Erinnerungsliteratur satte
                                  Mecklenburg-Vorpommern kann sich reich
                                  beschenkt fühlen …“
 
                                    
                                      |  |  |  Den Annalise-Wagner-Preis 2010 übergaben gemeinsam Herr Lothar Schmidt,
                                  Stadt Neubrandenburg, Herr Andreas Grund, Bürgermeister
                                  der Stadt Neustrelitz, und Dr. Joachim Lübbert,
                                  Kuratoriumsvorsitzender der
                                  Annalise-Wagner-Stiftung. In der Urkunde heißt
                                  es: „Herausragende inhaltliche und
                                  literarische Qualität verleihen diesem Text
                                  nachhaltigen Wert für Erinnerungskultur und
                                  kollektives Gedächtnis in der Region
                                  Mecklenburg-Strelitz und weit darüber
                                  hinaus“. 
                                    
                                      |  |  |  In ihrem Dankwort freute sich Pauline de Bok, dass ihrem „Blankow“ „ein drittes
                                  Leben vergönnt war und dass es erst jetzt
                                  richtig da ankommen würde, wo es herkam und
                                  hingehört.“ Sie setzte sich auseinander mit
                                  „Gedächtnis“ als einem „menschlichen Phänomen,
                                  das alles durchdringt“ und erinnerte daran,
                                  dass ein „gesamtdeutsches Kollektivgedächtnis“ das „Gedächtnis
                                  der ehemaligen DDR-Bürger“ nicht ausgrenzen
                                  dürfe. Für die „schwierige
                                  Erinnerungsarbeit“ haben die „vielen
                                  kleinen und großen Initiativen von Bürgern
                                  und ihren Organisationen … sowohl eine
                                  Vorreiterrolle als auch die Aufgabe, nicht
                                  aufzugeben – so wie Annalise Wagner das
                                  vorgelebt hat.“ Die Verleihung des
                                  Annalise-Wagner-Preises betrachte sie als
                                  „Anerkenntnis der Tatsache, dass die
                                  Vergangenheit uns Menschen immer noch bestimmt
                                  und deswegen immer wieder neu erinnert werden
                                  muss in möglichst großer Vielfalt, damit sie
                                  nicht als vollendete Historie oder sogar als
                                  mediale Zerstreuung verharmlost wird und
                                  individuelle Schicksale beiseite schiebt.“
                                  Und sie betonte: „Ich betrachte es auch als
                                  Anerkenntnis der Tatsache, dass das Gedächtnis
                                  kein Archiv, keine Festplatte ist, sondern ein
                                  lebendiges Organ, das unsere freizügige Obhut
                                  braucht, damit wir selbst als Menschen und
                                  Gesellschaft, auch europäisch und weltweit,
                                  nicht verkümmern.“ 
                                    
                                      |  |  |  Die hohe
                                  Wertschätzung im Bundesland
                                  Mecklenburg-Vorpommern für die Leistungen
                                  beider Preisträger vermittelten die
                                  bewegende, sehr persönliche Gratulation
                                  der Präsidentin des Landtages Mecklenburg-Vorpommern, Frau Sylvia
                                  Bretschneider und ein herzliches Grußwort
                                  des Ministers
                                  für Bildung, Wissenschaft und Kultur
                                  Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Henry Tesch,
                                  das von Dr.
                                  Enoch Lemcke, Abteilungsleiter Kultur im
                                  Ministerium, überbracht wurde. Auch Christoph
                                  Poland, Bundestagsabgeordneter CDU/CSU
                                  Fraktion nahm an der Preisverleihung teil. Die Stadt
                                  Neustrelitz ehrte Pauline de Bok für ihre
                                  Leistung im Sinne des Vermächtnisses der
                                  Ehrenbürgerin Annalise Wagner mit der Annalise-Wagner-Medaille.
                                  Die Auszeichnung nahm Bürgermeister Andreas
                                  Grund vor. |