Geschäftsbericht der Annalise-Wagner-Stiftung 2009

15 Bürger der Stadt Neubrandenburg, der Stadt Neustrelitz und des Landkreises Mecklenburg-Strelitz engagierten sich im Berichtsjahr ehrenamtlich in Vorstand und Kuratorium der Annalise-Wagner-Stiftung. Beide Stiftungsgremien trafen sich zu je drei Beratungen in Neubrandenburg bzw. Neustrelitz. Herr Dr. Reiner Wieland schied wegen Umzugs in ein anderes Bundesland  zum 01. 08. 2009 aus dem Vorstand und seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender aus.

Im Jahr 2009 verwirklichte die Annalise-Wagner-Stiftung ihren gemeinnützigen Stiftungszweck zur Förderung von Kultur und Literatur durch die Vergabe des 18. Annalise-Wagner-Preises für einen inhaltlich und sprachästhetisch hervorragenden Text aus der oder über die Region historisches Stargarder Land / Mecklenburg-Strelitz.

Von den 36 Bewerbungen und Vorschlägen für den Annalise-Wagner-Preis 2009 bezogen sich 20 auf belletristische Werke, 14 auf populärwissenschaftliche bzw. wissenschaftliche Sachtexte und 2 auf Kinderbücher. 12 kamen aus Neubrandenburg und dem Landkreis Mecklenburg-Strelitz, 9 aus anderen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns und 15 aus anderen Bundesländern. Die Stiftung dankte allen Bürgern, die sich mit einer Bewerbung oder einem Vorschlag aktiv für das Anliegen des Annalise-Wagner-Preises engagierten. Besonderes bürgerschaftliches Engagement bewiesen die 6 ehrenamtlichen Mitglieder der Jury des Annalise-Wagner-Preises 2009 aus dem Stiftungskuratorium und gemeinnützigen Vereinen der Region: Frau Dr. Gundula Engelhard (Mecklenburgische Literaturgesellschaft e. V. ), Frau Anke Goetsch (Verein für Kultur und Kommunikation Neustrelitz e. V. ), Herr Georg Huschke (Kuratorium Annalise-Wagner-Stiftung), Herr Dr. Joachim Lübbert (Kuratorium Annalise-Wagner-Stiftung), Frau Hannelore Melka (Kuratorium Annalise-Wagner-Stiftung) und Herr Rainer Szczesiak (Jugendklub „Heinrich Schliemann“ e. V.).

Die Jury schlug dem Kuratorium vor, den Annalise-Wagner-Preis 2009 zu vergeben an Dr. Arnold Hückstädt aus Seedorf (Landkreis Demmin). Das Kuratorium folgte diesem Vorschlag einstimmig. Mit dem Annalise-Wagner-Preis 2009 würdigt die Annalise-Wagner-Stiftung die wissenschaftlich und sprachästhetisch beeindruckende Leistung Dr. Arnold Hückstädts als Kommentator der ersten vollständigen Ausgabe von Briefen des Schriftstellers Fritz Reuter (1810-1874). Diese dreibändige Edition erschließt und kommentiert insgesamt 1027 Reuter-Briefe aus den Jahren 1827 bis 1874 als Quellen für die Auseinandersetzung mit Leben und Werk eines der bedeutendsten niederdeutschen Schriftsteller und zur mecklenburgischen Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Band 1 (Fritz Reuter: Briefe 1827 – 1860) erschien im März 2009 im Hinstorff Verlag Rostock (ISBN 978-3-356-01302-3), Band 2 (Briefe 1861 – 1866) und Band 3 (Briefe 1867 – 1874) lagen der Jury als Manuskript vor. Sowohl Biografie als auch Lebenswerk Fritz Reuters sind auf vielfältige Weise mit der Region Mecklenburg-Strelitz verknüpft: In Fritz Reuters 7 Neubrandenburger Jahren entstanden seine wichtigsten Werke, Persönlichkeiten aus Stadt und Region, Geschichte und Kulturgeschichte von Mecklenburg-Strelitz sowie „Mecklenburger Platt“ prägten wesentlich sein Leben und sein literarisches Werk. In mehr als zwei Jahrzehnten hat Dr. Arnold Hückstädt Fritz Reuters Briefe akribisch in öffentlichen und privaten Archiven zusammengetragen, zum Teil neu- und wiederentdeckt und im Auftrag der Fritz Reuter Gesellschaft Neubrandenburg e. V. und des Fritz-Reuter-Literaturmuseums Stavenhagen ediert. Diese erste Gesamtausgabe setzt nach Einschätzung der Jury des Annalise-Wagner-Preises „editorische Maßstäbe für kritische Briefausgaben“. Ausschlaggebend für die Preisvergabe war die besondere wissenschaftliche, methodische und sprachästhetische Qualität des umfangreichen Kommentars von Dr. Arnold Hückstädt. In der Jury-Begründung heißt es u. a.: „Sachlich, präzise und kenntnisreich vermittelt der wissenschaftliche Kommentar Dr. Hückstädts die notwendigen Informationen für das Verständnis und die Einordnung der Reuter-Briefe als historische Quellen – und öffnet ganz subtil die Augen dafür, wie sich in Reuters Briefen, in seinen Werken und seiner Lebensgeschichte die Brüche und Widersprüche seiner Zeit spiegeln. Dem Leser erschließt sich so ganz unmittelbar ein farbiges, facettenreiches, lebendiges Bild des Menschen Fritz Reuter, seines sozialen Umfeldes, der politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen seines Lebens und seiner literarischen Leistungen. Fritz Reuters private Korrespondenz wird nicht nur zur kompetent erschlossenen Quelle für Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte, sondern auch zum spannenden Lesegenuss, selbst für „Nicht-Plattsnacker“, denn Fritz Reuter schrieb Briefe meist in hochdeutscher Sprache.“

Der Literaturwissenschaftler Dr. Arnold Hückstädt ist einer der profiliertesten Reuter-Kenner Deutschlands: Er war von 1959 bis 1991 Leiter des Fritz-Reuter-Literaturmuseums in Stavenhagen, hat zahlreiche wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Arbeiten über diesen niederdeutschen Autor veröffentlicht und engagiert sich im Ruhestand als aktives Mitglied der Fritz Reuter Gesellschaft e. V. und für eine lebendige niederdeutsche Sprache.

Die Preisverleihung des 18. Annalise-Wagner-Preises fand satzungsgerecht „öffentlich und in würdiger Form“ am 26. Juni 2009 im Neubrandenburger Albert-Einstein-Gymnasium statt. In seiner Laudatio machte Hartmut Brun, Vizepräsident der Fritz Reuter Gesellschaft, deutlich: „Arnold Hückstädt ist heute der welt-beste Reuter-Forscher und –kenner“. Mit seiner kritisch kommentierten Gesamtausgabe der Reuter-Briefe hat Dr. Hückstädt „sein Lebenswerk gekrönt“, „eine Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts geschaffen, die ihresgleichen nicht findet“ – und „für die Reuter-Forschung ein Jahrhundert-Werk“ vorgelegt. Preisträger Dr. Arnold Hückstädt stellte in seinem Dankwort u. a. dar, dass „ein geschlossen vorliegendes Briefwerk unverzichtbar ist“, um „den Dichter Fritz Reuter, sein Leben, sein Werk und seine Wirkung zu verstehen und gültig zu interpretieren - und den Zeitzeugen zu begreifen.“ Und er betonte: „Die Briefe, die Reuter aus und nach Neubrandenburg geschrieben hat, sind Zeugnisse tiefer Verbundenheit mit dem Strelitzer Land und seinen Menschen. Sie geben verlässliche Auskünfte über sein Leben und seine Werke und erweisen sich als ein unverstelltes Spiegelbild des Menschen, des Dichters und des Zeitzeugen Fritz Reuter.“

Im Kreis von mehr als 150 Gästen überreichten den Annalise-Wagner-Preis gemeinsam Herr Dr. Reiner Wieland, stellvertretender Oberbürgermeister der Stadt Neubrandenburg, Herr Andreas Grund, Bürgermeister der Stadt Neustrelitz und Herr Dr. Joachim Lübbert, Vorsitzender des Kuratoriums.

In Anerkennung seines herausragenden Beitrages zum „historischen Gedächtnis der Region Mecklenburg-Strelitz“ zeichnete der Bürgermeister der Stadt Neustrelitz, Herr Andreas Grund, den Annalise-Wagner-Preisträger mit der Annalise-Wagner-Medaille der Stadt Neustrelitz aus.

Glückwünsche zum Annalise-Wagner-Preis 2009 überbrachten u. a. Frau Regierungsdirektorin Dr. Marlies Carstensen, Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur / Abt. Kultur, Herr Christoph Poland, Präsident des Kreistages Mecklenburg-Strelitz, Herr Klaus Salewski, Stadtpräsident der Stadt Stavenhagen, Frau Cornelia Nenz, Leiterin des Fritz-Reuter-Literaturmuseums Stavenhagen, Herr Dr. Florian Ostrop, Hinstorff Verlag Rostock – und „Fritz Reuter“ alias Bernd Blumhagen von der Niederdeutschen Bühne Neubrandenburg.

Umrahmt wurde die Preisverleihung von einem Schülerkonzert des Neubrandenburger Albert-Einstein-Gymnasiums. Von Klassik bis Pop präsentierten Jugendchor, Bands und Solisten eine beeindruckende Palette „selbstgemachter Kultur“ und setzten einen Spot auf die hervorragenden Leistungen junger Leute für Kultur in Stadt und Region. Im Anschluss an die Festveranstaltung übergaben Herr Dr. Florian Ostrop vom Rostocker Hinstorff-Verlag, Annalise-Wagner-Preisträger Dr. Arnold Hückstädt und Kuratoriumsvorsitzender Dr. Joachim Lübbert eine Bücherspende des Hinstorff-Verlages mit 30 Werken von und über Fritz Reuter an die Schulbibliothek des Albert-Einstein-Gymnasiums.

Öffentlichkeitsarbeit für den Stiftungsgedanken und für den eigenen Stiftungszweck leistete die Annalise-Wagner-Stiftung über die Preisverleihung hinaus durch intensive Pressearbeit rund um die Ausschreibung und Verleihung des Annalise-Wagner-Preises 2009, durch inhaltlich überarbeitete Flyer und Dauerausstellung zur Stiftungsarbeit, durch die Veröffentlichung von Laudatio und Dankwort 2008 in der „Neuen Schriftenreihe des Karbe-Wagner-Archivs“ und im „Neubrandenburger Mosaik“, durch die Pflege der Stiftungs-Homepage sowie die Organisation von 2 öffentlichen Preisträger-Lesungen.

Auf Einladung von Annalise-Wagner-Stiftung und Regionalbibliothek stellte Frau Dr. Annette Leo anlässlich des Gedenkens an 70 Jahre Frauenkonzentrationslager Ravensbrück am 18. 05. 2009 in der Neubrandenburger Regionalbibliothek ihre Preisträgerarbeit „Das ist so’n zweischneidiges Schwert hier unser KZ… : Der Fürstenberger Alltag und das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück“ vor.

Am 05. November 2009 präsentierten Hinstorff-Verlag, Fritz-Reuter-Gesellschaft e. V., Regionalbibliothek und Annalise-Wagner-Stiftung gemeinsam die Buchpremiere des zweiten Bandes der „Fritz-Reuter-Briefe“ mit einer Lesung von Annalise-Wagner-Preisträger Dr. Arnold Hückstädt innerhalb der bundesweiten Leseförderungs-Aktion „Deutschland liest 2009“. In diesem Rahmen gaben Neubrandenburgs Oberbürgermeister, Herr Dr. Paul Krüger, der Präsident der Fritz Reuter Gesellschaft e.V., Herr Prof. Dr. Dr. Jürgen Grote, und die Leiterin des Buchverlages im Hinstorff-Verlag, Frau Eva Maria Buchholz, vor mehr als 100 Besuchern den „offiziellen Startschuss“ für die Vorbereitung des „Fritz-Reuter-Jahres 2010“ in Neubrandenburg.

Die Annalise-Wagner-Stiftung erfüllte im Berichtsjahr ihre Verpflichtung, das von Annalise Wagner testamentarisch anvertraute Stiftungskapital zu erhalten, Zinsen aus der Anlage des Stiftungskapitals zu erzielen und damit ihren Stiftungszweck zu erfüllen. Ohne Beanstandungen prüften am 29. 04. 2009 die Rechnungsprüfer des Kuratoriums, Frau Gudrun Mohr und Herr Dirk Kollhoff, die ordnungsgemäße Verwaltung des Stiftungskapitals sowie die satzungsgerechte Verwendung der Zinserträge.
Im Oktober 2009 beschloss das Kuratorium einstimmig, im Jahr 2010 den 19. Annalise-Wagner-Preis unverändert in Inhalt und Dotierung auszuschreiben.

Dr. Joachim Lübbert
Vorsitzender des Kuratoriums