Annalise-Wagner-Preis 2008
Festliche Preisverleihung des Annalise-Wagner-Preises 2008 an Dr. Annette Leo
am 21. Juni 2008 im Rathaus der Stadt Neustrelitz
Anlässlich des 105. Geburtstages der Stifterin Annalise Wagner (1903 – 1986) und des 275. Stadtjubiläums ihrer Heimatstadt fand die Festveranstaltung zur Verleihung des Annalise-Wagner-Preises 2008 am 21. Juni 2008 im Rathaus der Stadt Neustrelitz statt.

Unter den mehr als 120 Gästen waren u. a. die Landtagspräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Frau Sylvia Bretschneider, 

der Präsident des Kreistages des Landkreises Mecklenburg-Strelitz, Herr Christoph Poland, die stellv. Stadtpräsidentin Neubrandenburgs, Frau Gisela Weiß, die Kämmerin der Stadt Fürstenberg, Frau Heidrun Jenning, die Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, Frau Dr. Martina Weyrauch, die Leiterin der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, Frau Dr. Insa Eschebach und der Leiter des Metropol-Verlages Berlin, Herr Friedrich Veitl.
Mit dem Annalise-Wagner-Preis ausgezeichnet wurde die Berliner Historikerin Dr. Annette Leo. Die Annalise-Wagner-Stiftung würdigte ihre Publikation „Das ist so’n zweischneidiges Schwert hier unser KZ…“ : Der Fürstenberger Alltag und das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück (Metropol-Verlag 2007, ISBN 978-3-938690-61-1) als „wertvollen Beitrag zur Aufarbeitung mecklenburgischer Geschichte“ und überzeugendes Beispiel für einen neuen Ansatz in der Geschichtskultur, „der weniger in vereinfachenden Schwarz-Weiß-Schablonen als in andauernden Widersprüchlichkeiten argumentiert“.

In ihrer Laudatio formulierte Filmemacherin, Regisseurin und Autorin Loretta Walz: „Annette Leo zeigt in ihrem Buch auf überaus sensible Weise, wie die Menschen mit den eigenen Kriegs- und Nachkriegs-Erfahrungen gelebt haben, welche Brüche ihre Erinnerung hat – aber sie zeigt keinesfalls mit dem Finger darauf, sie entwickelt in Zitaten ihrer Interviewpartner und in eigenen Worten ein mögliches Bild der Geschehnisse. Sie stellt Fragen und lässt sie offen. So kann ich mir als Leserin ein Bild machen – und es entstehen lebendige Bilder in Annette Leos feingliedrigem Text. Sicherlich bei jedem Leser andere – und das ist gut so. Denn nur, wenn wir von anderen erfahrene Geschichte mit der eigenen Erfahrung verweben, entsteht so etwas wie neue Erkenntnis. Und die Geschichte sollten wir erkennen, um sie nicht wiederholen zu müssen.“
Den Annalise-Wagner-Preis 2008 überreichten Dr. Reiner Wieland, Erster Beigeordneter des Oberbürgermeisters der Stadt Neubrandenburg, Herr Andreas Grund, Bürgermeister der Stadt Neustrelitz und Dr. Joachim Lübbert, Kuratoriumsvorsitzender der Annalise-Wagner-Stiftung.
Dr. Annette Leo  erzählte in ihrem Dankwort u. a. von der „Mauer des Schweigens“ in Fürstenberg: „Die Leute haben nicht untereinander und nicht mit ihren Kindern darüber gesprochen, dass etwa auf dem Hof oder in der Werkstatt regelmäßig Häftlinge arbeiteten, sie haben auch nicht darüber gesprochen, dass sie hin und wieder halfen, ein Stullenpaket hinlegten oder mal eine Zigarette fallen ließen. Das ganze Thema war mit einer dicken Schicht Schweigen umwickelt.“ Sie hofft, dass der Annalise-Wagner-Preis dabei hilft, „dass ein paar mehr Menschen hinschauen und das Buch lesen werden und hoffentlich gehen deren Gedanken - beim Lesen, nach dem Lesen beim Sprechen darüber – über das hinaus, was ich aufgeschrieben habe, darüber hinaus in mehrfacher Hinsicht: von der Vergangenheit hin zur Gegenwart, vom Fall Fürstenberg zur eigenen Geschichte, die auch ihre Widersprüche und Verwicklungen aufweist. …. Ich kann mir keine bessere Wirkung meiner Arbeit, keine bessere Fortsetzung meiner Befragungen vorstellen als dies: Dass davon eine Ermutigung ausgeht für einen genauen Blick, 
für Lokalstudien, um die eigene Geschichte und damit die Gegenwart verstehen zu können. Denn Fürstenberg ist nur ein Beispiel.“
Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider erinnerte in ihrer Gratulation daran, „dass nichts die persönliche Erfahrung, die Begegnung mit Zeitzeugen ersetzen kann. … Umso wichtiger ist es, jetzt deren Erinnerungen festzuhalten, um auch künftigen Generationen zu vermitteln, was in dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte geschehen ist und wie die betroffenen Menschen damit fertig geworden sind.“ Vor dem Hintergrund verstärkter rechtsextremer Aktivitäten im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern sei es wichtig, dass jeder sich mit seinen Möglichkeiten einbringt in ein starkes Bündnis für Demokratie und Toleranz – und auch die Annalise-Wagner-Stiftung habe „durch die Verleihung des Annalise-Wagner-Preises an Dr. Annette Leo … in ihrem Wirkungskreis und mit ihren Möglichkeiten einen wichtigen Beitrag zur Festigung der Demokratie in unserem Land geleistet“.
Im Namen der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück gratulierte Leiterin Dr. Insa Eschebach zum Annalise-Wagner-Preis für ein „sehr wichtiges Geschichts- und Geschichtenbuch“ – und betonte: „Die Verleihung des Annalise Wagner Preises an Annette Leo lese ich zugleich auch als ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit, des Interesses und der Verantwortung, die diese Region für die Geschichte des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück übernimmt.“
Die Stadt Neustrelitz zeichnete Dr. Annette Leo für ihren herausragenden Beitrag zum „historischen Gedächtnis der Region Mecklenburg-Strelitz“ mit der Annalise-Wagner-Medaille aus. Die Auszeichnung übergab Bürgermeister Andreas Grund.
Die Annalise-Wagner-Stiftung dankte im Rahmen der Festveranstaltung öffentlich und herzlich
- der Stadt Neubrandenburg, die seit 17 Jahren
die Stiftungsarbeit mit großem Herz für bürgerschaftliches Engagement und für die Vernetzung von Kultur- und Literaturförderung in der Region Mecklenburg-Strelitz unterstützt,
- der Stadt Neustrelitz, dem Karbe-Wagner-Archiv, dem Musikschulzweckverband Kon.centus und dem Neustrelitzer Familienzentrum e. V, die es mit großem Engagement ermöglichten, der Preisverleihung 2008 einen so festlichen Rahmen zu geben,
- Frau Hannelore Raemisch aus Neustrelitz für ihre zweite Zustiftung in das Stiftungskapital,
- Frau Prof. Dr.-Ing. Sabine Bock und dem Thomas-Helms-Verlag aus Schwerin für die Buchpremiere ihres druckfrischen Standardwerkes über mecklenburg-strelitzsche Herrenhäuser im Rahmenprogramm,
- allen Autoren und Lesern, die insgesamt 59 Bewerbungen oder Vorschläge für den Annalise-Wagner-Preis 2008 einreichten,
- sowie den Jurymitgliedern Frau Armgard Bentzin, Frau Sabine Schmidt, Frau Susanne Schulz, Herrn Dirk Kollhoff, Herrn Dr. Rolf Voß und Herrn Matthias Wolf.
Im Anschluss an die festliche Preisverleihung kamen Gäste und Stiftungs-Mitstreiter bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch und konnten eine Führung durch das historisch sensibel sanierte und modernisierte Baudenkmal Rathaus Neustrelitz miterleben. Mit „Stadt- und Architekturgeschichte zum Anfassen“ spannte sich so inhaltlich ein Bogen zu einer besonderen Buchpremiere:

Prof. Sabine Bock und der Schweriner Thomas-Helms-Verlag stellten der Öffentlichkeit erstmals das mit Spannung erwartete, druckfrische Kompendium zu Herrenhäusern in Mecklenburg-Strelitz vor. Dazu konnten sie zahlreiche interessierte Besucher, u. a.
die Leiterin des Ministerbüros des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommern, Frau Anke Niedergesäß, begrüßen. Im vergangenen Jahr zeichnete die Annalise-Wagner-Stiftung das mehr als tausendseitige Manuskript „Herrschaftliche Wohnhäuser auf Gütern und Domänen in Mecklenburg-Strelitz“ mit dem Annalise-Wagner-Preis 2007 aus.
 Die Veröffentlichung wurde gefördert durch den Ostdeutschen Sparkassenverband und den Zukunftsfonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern - und trägt auf besondere Weise dazu bei, in Mecklenburg-Vorpommern historische Kulturlandschaften zu erhalten und die Dachmarke "Schlösser, Gärten, Herrenhäuser" zu etablieren.

Annalise-Wagner-Stiftung:

Telefon:        0395 / 5551333, 0395 / 55551220
E-Mail:          stiftung.bibl@neubrandenburg.de
Post:            Annalise-Wagner-Stiftung
                   c/o Regionalbibliothek
                   Stargarder Straße 8
                   17033 Neubrandenburg

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