Annalise-Wagner-Preisträger 2008


Dr. Annette Leo

Über die Würdigung meiner Arbeit seitens einer Stiftung, die die Aufarbeitung der Geschichte Mecklenburg-Vorpommerns fördert, freue ich mich ganz besonders. Das damalige Frauen-KZ Ravensbrück und die spätere Gedenkstätte lagen und liegen im Land Brandenburg, die Stadt Fürstenberg jedoch, von deren Stadtpark man auf die Lagermauer schauen konnte und kann, gehörte bis 1952 zum Land Mecklenburg. In den Gesprächen mit den Fürstenbergerinnen und Fürstenbergern spielt diese Grenze eine gewisse Rolle. Es ist eine Grenze, an der die Verantwortung für die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nicht halt machte.

Mit Mecklenburg und vor allem mit Neustrelitz und Umgebung fühle ich mich aber auch auf andere Weise verbunden, seit ich zusammen mit meiner Familie in dieser Gegend ein altes Bauernhaus als Feriendomizil nutze. Auf vielen Fahrradfahrten durch die wunderschöne Landschaft stoße ich auf Spuren der Geschichte: die Ruinen der „Judenmühle“ an der Goldenbaumer Landstraße oder das Grab eines Soldaten auf dem Friedhof in Watzkendorf. Es sind Spuren von Geschichten, die beinahe vergessen sind, die darauf warten, erzählt zu werden.

Annette Leo

Berlin, den 15. Mai 2008

Biografische Daten
1948 in Düsseldorf geboren
1952 Übersiedlung mit den Eltern nach Berlin (DDR)
1966 Abitur
1966-1968 Volontariat bei der "Berliner Zeitung"
1968-1973 Studium der Geschichte und Romanistik an der Humboldt-Universität zu Berlin
 1973-1979 Redakteurin bei der außenpolitischen Zeitschrift "horizont"
 1979-1981 Dissertation zum Thema: "Spanische Arbeiterkommissionen im Kampf gegen das Franco-Regime"
1982-1986 Redakteurin bei der "Neuen Berliner Illustrierten"
1986-1989 freiberufliche Historikerin und Publizistin, u.a. lebensgeschichtliche Befragungen kommunistischer Überlebender des Konzentrationslagers Sachsenhausen, Kooperation mit der Pariser Gruppe "memoire grise" im Projekt "A l’Est – la mémoire retrouvée"
1990 Mitbegründerin der ersten alternativen Zeitung der DDR „die andere“
1991-1993 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Prenzlauer Berg Museum. Kommentierung der alten Ausstellung des „Antifaschistischen Traditionskabinetts“
1992 Mitglied der Expertenkommission zur Neuorientierung der Brandenburgischen Gedenkstätten
seit 1993 Begleitung der Arbeit der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten als Mitglied der Fachkommission
1993-1996 wissenschftliche Mitarbeiterin am Forschungsinstitut für Arbeiterbildung in Recklinghausen, Oral-History-Projekt: "Politisch - gesellschaftlicher Wandel im Geschichtsbewusstsein von Arbeitnehmern in den alten und neuen Bundesländern"
1997-2000 freiberufliche Tätigkeit als Historikerin und Publizistin, u.a. Leitung des Oral-History-Projekts "Die Stadt Fürstenberg und das Konzentrationslager Ravensbrück"
2001-2005 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen universität Berlin. Erforschung der Lebensgeschichte des DDR-Wissenschaftlers Wolfgang Steinitz
seit 2006 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, im Forschungsprojekt "Erinnerung - Macht - Geschichte"
Publikationen (Auswahl)
Briefe zwischen Kommen und Gehen, Berlin 1991

Die wiedergefundene Erinnerung. Verdrängte Geschichte in Osteuropa, Hrsg. der deutschen Ausgabe und Mitautorin, Berlin 1992

Mythos Antifaschismus. Ein Traditionskabinett wird kommentiert, Berlin 1992, Mitherausgabe und Beteiligung

Schwieriger Nachlass, in: Dachauer Hefte Nr. 10/1994

Fürstenberg-Drögen. Schichten eines verlassenen Ortes, Berlin 1994, gemeinsam mit Stefanie Endlich und Florian v. Buttlar

Geschichte wird Erinnerung. Zum 50. Jahrestag der Befreiung im Land Brandenburg", Hrsg. vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, 1995, Redaktion und Mitautorin

„Du hast ja ein Sieb vor den Augen…“ in: Argonautenschiff. Jahrbuch der Anna-Seghers-Gesellschaft Berlin und Mainz e.V., Bd. 5, Berlin 1996

Helden, Täter und Verräter. Studien zum DDR-Antifaschismus, Hrsg. mit Peter Reif-Spirek und Mitautorin, Berlin 1999

Sehnsucht nach dem Exil der Eltern, in: Sprache – Identität – Kultur. Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch, Band 17, München 1999

Zweierlei Geschichte. Lebensgeschichte und Geschichtsbewusstsein von Arbeitnehmern in West- und Ostdeutschland, Essen 2000, gemeinsam mit Bernd Faulenbach und Klaus Weberskirch

Vielstimmiges Schweigen. Neue Studien zum DDR-Antifaschismus, Hrsg. mit Peter Reif-Spirek und Mitautorin, Berlin 2001

Leben als Balance-Akt. Wolfgang Steinitz. Kommunist, Jude, Wissenschaftler, Berlin 2005

Umgestoßen. Provokation auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin Prenzlauer Berg 1988, Berlin 2005

„Das ist so’n zweischneidiges Schwert hier unser KZ…“ Fürstenberger Alltag und das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück, Berlin 2007

« zurück