In
den mehr als 15 Jahren, in denen ich über die Strelitzer
Herren- und Domänenpächterhäuser gearbeitet habe, gab
es viele wechselnde Stimmungen. Es gab Entdeckungen, die
Euphorie auslösten, aber auch »Durststrecken«, in denen
die Frage stand, warum ich mir dieses im Laufe der Jahre
immer größer werdende Projekt vorgenommen habe. Ich hätte
nicht durchgehalten, wenn ich die Freude und die Enttäuschungen
nicht mit meinem Mann, Thomas Helms, hätte teilen können
und ich hätte das Manuskript, das nur mit der
reichhaltigen Illustration denkbar ist, nicht ohne sein
fotografisches Engagement und seine permanente
Bereitschaft zur Diskussion fertig stellen können. Denn
viele der Ergebnisse zur Baugeschichte der einzelnen Häuser
ist zugleich Ergebnis mehrfacher Besuche und langer
Auseinandersetzungen um einzelne Indizien oder Spuren. So
etwas kann man – kann ich –nicht allein am
Schreibtisch erarbeiten, dazu bedarf es eines mitdenkenden
Partners und deshalb danke ich ihm an erster Stelle und
freue mich über die Gelegenheit, dies einmal öffentlich
tun zu können.
Bevor ich versuchen will, den unendlich vielen Unterstützern
meines Vorhabens einen angesichts der Kürze der zur Verfügung
stehenden Zeit zumindest knappen Dank auszusprechen,
interessiert es Sie vielleicht, wie es überhaupt dazu
kam, dass die Arbeit über die »Herrschaftlichen Wohnhäuser
auf den Gütern und Domänen in Mecklenburg-Strelitz«
entstand. Vor 15 Jahren haben mein Mann und ich – auf
Anregung eines Verlages – ein Buch über die Schlösser
und Herrenhäuser auf der Insel Rügen erarbeitet und
waren mit dem Ergebnis nicht ganz zufrieden, hatte sich
doch der Verlag einen Touristenführer erhofft und wir an
ein Denkmalinventar gedacht. Es stellte sich aber zu
unserer Beruhigung schnell heraus, dass das Büchlein
einer Reihe von Herrenhäusern Aufmerksamkeit, in einigen
Fällen auch neue Besitzer und damit die Instandsetzung
brachte; dennoch wuchs der Wunsch, für eine Region in
Mecklenburg oder Vorpommern eine umfangreiche
Inventarisation dieser für unsere Kulturlandschaften so
wichtigen Bauten zu erstellen. Es sollte auf jeden Fall
eine historisch abgeschlossene Region sein und so fiel die
Wahl sehr schnell auf Mecklenburg-Strelitz. Und auch wenn
sich die Arbeit in dem zunächst als »überschaubar«
angenommenen Territorium als wesentlich umfangreicher als
gedacht erwies, war es doch ein nahezu perfektes
Untersuchungsgebiet, gab es hier doch alle historisch
relevanten Arten von Gütern: Rittergüter, Domanialgüter,
Stadtgüter und sogar ein Kirchengut. Es umfasst mit den
historischen Gebieten des Landes Stargard und des Fürstentums
Ratzeburg zwei in ihrer Entwicklung sehr unterschiedliche
Bereiche, die außerdem in ihrer Vielfalt bereichert
werden durch die 1811 an Strelitz gefallene preußische
Exklave Krumbeck, durch die erst 1934 an das Land
Schleswig-Holstein gefallenen Exklave Alt-Horst und durch
die im Zuge des so genannten
Barber-Ljaschtschenko-Abkommens, das im November 1945 eine
Grenzbereinigung zwischen Schleswig-Holstein und
Mecklenburg regelte, zur späteren Bundesrepublik
gelangten Strelitzer Domänen, während alle anderen Güter
ab 1949 zur DDR gehörten.
Im Laufe der Zeit wurde immer offensichtlicher, dass ich
mit Mecklenburg-Strelitz ein Untersuchungsgebiet gewählt
hatte, das für die Beschäftigung mit dem Bautyp des
ostelbischen Herrenhauses als überdurchschnittlich repräsentativ
angesehen werden kann und so wurde aus der geplanten
Einleitung zur Bautypologie des Strelitzer Herrenhauses
ein eigenständiges Projekt zum ostelbischen Herrenhaus
und der hier vorgelegte und von der
Annalise-Wagner-Stiftung als preiswürdig erachtete
Katalog zur Architektur und Geschichte der »Herrschaftlichen
Wohnhäuser auf den Gütern und Domänen in
Mecklenburg-Strelitz« eine in sich geschlossene Arbeit.
Dass der Katalog einen »Berg von Fakten« umfasst, wie es
in der Begründung der Jury heißt, ist nur im geringeren
Maße den archivalisch überlieferten Quellen zu danken.
Durch die Auflösung des Strelitzer Landesarchives im Jahr
1934 und das teilweise nicht nachvollziehbare
Abhandenkommen der nach Schwerin überführten Bestände,
sowie durch den Verlust fast aller Gutsarchive im Jahr
1945 war die traditionelle Grundlage für ein historisches
Forschungsprojekt zunächst nicht gegeben, obwohl sich im
Laufe der Jahre doch vor allem im Landeshauptarchiv
Schwerin beträchtlich mehr Dokumente zum Thema erschließen
ließen als das angesichts der Ausgangssituation zu
erwarten war. Es mussten also andere Wege gefunden werden,
an Informationen über die Geschichte der zu
untersuchenden Häuser zu gelangen. Zwei Beispiele aus der
Anfangsphase der Erfassung sollen erzählt werden:
Nachdem auf der Grundlage historischer Karten und Güterverzeichnisse
die Liste der Objekte erstellt war, gab es schon anlässlich
der ersten Bereisung zwei wichtige Informationen. So besaß
der Betreiber einer Gaststätte, das sich in einem Teil
eines Herrenhauses befand, eine Ortschronik, in der sich
auch die Adresse eines Sohnes des letzten Gutsbesitzers
fand. Ein Brief an ihn brachte ebenso schnell Ergebnisse
wie der an den neuen und zugleich alten Eigentümer eines
anderen Gutes, dessen Adresse sich auf einem Abfallhaufen
im Gutsareal fand … Aber auch die ABM-Kräfte, die mit
Aufräumarbeiten an einer Gutswüstung beschäftigt waren
und uns nicht nur die Geschichte des Verfalls der Bauten
erzählten, sondern am nächsten Tag alle greifbaren
Fotoalben aus ihrer Umgebung mitbrachten und uns so zu
Abbildungen des verlorenen Herrenhause verhalfen, gehören
zu der Vielzahl von Menschen, die im Laufe der Jahre das
Projekt unterstützt haben.
Ich habe die Briefe und Telefonate nicht gezählt, die ich
in Sachen Strelitzer Herren- und Domänenpächterhäuser
geschrieben und geführt habe, aber es werden viele
Hundert gewesen sein und mit einer Ausnahme wurden alle
freundlich und gewinnbringend, also informativ,
beantwortet, oft erfuhr ich nicht nur Fakten zum
angefragten Gut, sondern erhielt auch Hinweise auf andere
Personen, die noch etwas wissen könnten. Und manchmal
waren sich die Angeschriebenen gar nicht bewusst, über
welche »Schätze« sie verfügten: So teilte mir einer
der Angefragten mit, dass er leider nichts zum Haus wisse
und »nur« ein Fotoalbum mit Innenaufnahmen besäße, die
der Großvater vor dem Verkauf des Hauses 1923 habe
anfertigen lassen … Angesichts der Tatsache, dass sich
keines der Strelitzer Herrenhäuser mit seiner
historischen Ausstattung erhalten hat, war es natürlich
ein absoluter Glücksmoment, als wir in Hannover das Album
sehen konnten und mein Mann die Aufnahmen reproduzieren
durfte. Überhaupt waren wir in den 15 Jahren nicht nur
sehr oft in Strelitz, sondern haben auf der Spur der Güter
und Domänen auch viele andere Gegenden in Deutschland
besucht, denn verständlicherweise mochten sich die
meisten Inhaber auch nicht zeitweise von ihren
Erinnerungsstücken trennen, waren es doch oft die letzten
Dinge, die ihnen von jahrhundertelanger Verbundenheit mit
einem Ort geblieben waren. Dass sich nicht nur Fotoalben,
Briefe und Schriftstücke fanden, sondern beispielsweise
auch ein Gemälde von Maria Hager, das sie als
Weihnachtsgeschenk für einen Domänenpächter von dessen
Pächterhaus gemalt hat, das aber wegen des übergroß im
Vordergrund dargestellten Misthaufens nicht die erhoffte
Freude einbrachte, war für uns einer der Höhepunkt
dieser Besuche. Herzlicher Dank gilt also an dieser Stelle
all denen, die durch ihre Geschichte bis 1945 mit den Gütern
und Domänen in Mecklenburg-Strelitz verbunden waren und
uns an ihre Erinnerungen teilhaben ließen.
Da aber die Geschichte des Baubestandes der untersuchten Häuser
nicht mit ihrer Enteignung endete, waren die Begegnungen
mit jenen, die ab 1945 in den verschiedenen Häusern ein
zunächst meist provisorisches und notdürftiges
Unterkommen fanden, ebenso wichtig für die Untersuchung.
So bekamen wir immer wieder Zeitzeugenberichte über die
schlimme Zeit ab dem Winter 1945, die oft nahtlos an die
Flucht oder Vertreibung der alten Eigentümer anschloss.
Besonders tragisch war die Erzählung einer Frau, die bei
Ankunft ihres Flüchtlingstrecks in einem Strelitzer
Herrenhaus die erschossene Gutsbesitzerfamilie fand. Aber
auch die Schilderungen des alltäglichen Lebens in den Häusern
barg viel Tragik in sich und dass uns eine Frau in den
Grundriss des Herrenhauses, in dem sie mit ihrer Familie
zunächst untergekommen war, einzeichnen konnte, wie viele
Menschen in jedem Raum auf engstem Raum zusammenleben
mussten, illustriert mit den wenigen überlieferten
Fotografien jener Zeit die in den Archiven überlieferten
Berichte. Mein Dank gilt also auch allen, die mir aus
ihrem Leben erzählt haben, nachdem sie ihre Heimat
verloren hatten und auf einem Strelitzer Gut gestrandet
waren.
Danken möchte ich auch denen, die sich seit 1990 um den
Erhalt der Herrenhäuser kümmern, ein Unterfangen, das
angesichts der immer größer werdenden Kluft zwischen
staatlicher Denkmalschutzgesetzgebung und tatsächlichem
Einsatz des Staates für die Erhaltung der Denkmale –
sei es mit Know How und/oder finanzieller Unterstützung
– immer schwieriger wird und an dem auch einige
scheiterten, die aber dennoch vielfach das von ihnen
gesammelte Material zur Verfügung stellten und auch
Kontakte zu früheren Bewohnern und Besitzern der Häuser
vermittelten. Das in einem Rechtsanwaltsbrief, der uns in
dieser Zeit einmal erreichte, kein unangenehmes Schreiben,
sondern ein Hotelgutschein lag, um unsere Arbeit vor Ort
zu erleichtern, war wie die vielen Tassen Tee und Kaffee,
die uns in Gesprächen angeboten wurden, eine sehr nette
Geste, die das Arbeiten auch menschlich bereicherte und
inzwischen vielfach zu freundschaftlichen Beziehungen geführt
hat, die hoffentlich auch in der Zukunft bestehen bleiben
werden.
Danken möchte ich nicht zuletzt auch den vielen Kollegen,
die mich durch ihr Interesse an meinem Vorhaben unterstützten
oder die mir – wie zum Beispiel beim Lesen historischer
Quellen – ganz praktisch halfen. Notwendig war dieser
kollegiale Austauch vor allem dann, wenn es um die Deutung
von Begriffen in den historischen Hausbeschreibungen ging,
so hatten wir relativ schnell das Wort »Ahlstrack« als
niederdeutsche Form von Estrich gedeutet, wesentlich länger
brauchten wir, um herauszufinden, dass man damit aber in
Lehm verlegte Ziegelsteine meinte …
In vielen Archiven, Museen und anderen öffentlichen
Einrichtungen wurde das Vorhaben zunehmend wohlwollend
beobachtet, allerdings überstiegen die zu entrichtenden
Gebühren für Foto- und Kopieraufträge oft das von »unbeauftragten«
Forschern zu Leistende und werden auf Dauer
Heimatforschung, wie sie Annalise Wagner im Sinn hatte und
wie sie auch durch die ihr gewidmete Stiftung gefördert
werden soll, weiter erschweren. Neben dem Dank darf ich
mir an dieser Stelle wünschen, dass das Land einen Weg
findet, entsprechende Arbeiten in ihren Gebührenordnungen
mit mehr Wohlwollen zu unterstützen.
Keinen Dank kann ich bisher für Hilfe bei der Drucklegung
des Manuskriptes abstatten, alle bisher unternommen
Versuche blieben unbeantwortet, endeten in Vorzimmern oder
scheiterten mangels überregionalem Interesse am gewählten
Thema. Sollte sich da nicht noch eine Möglichkeit eröffnen,
wird es wohl leider den meisten der von der Jury
angesprochenen Zielgruppen nicht möglich sein, das Buch
zu erwerben, denn die Druck- und Bindkosten werden bei der
zu erwartenden kleinen Auflage sehr hoch sein und der nur
darauf basierende Buchpreis auch durch das heutige
Preisgeld nur unwesentlich gemindert …
Und damit habe ich mir selbst das Stichwort für den
abschließend auszusprechenden Dank geliefert, denn ganz
herzlich möchte ich mich bei der Annalise-Wagner-Stiftung
für die Verleihung des Preises und diesen schönen
Nachmittag der Preisverleihung bedanken. Es ist für mich
wie der Schluss eines Kreises, denn als ich das erste Mal
im Karbe-Wagner-Archiv in Neustrelitz war, lag eine
Information über den neu gestifteten Preis aus, dass ich
ihn nun nach 16 Jahren selbst verliehen bekommen habe, ist
mir eine große Freude! Eine große Freude war es auch,
dass die Stiftung Frau Ministerin Sigrid Keler als
Laudatorin gewinnen konnte, von der ich seit vielen Jahren
um ihr Interesse an historischer Architektur weiß und die
sich immer nach dem Fortgang der Arbeit erkundigte.
Es bleibt für mich zu hoffen, dass diese Arbeit die
eingangs angesprochen Lücken in der Strelitzer Überlieferung
etwas verkleinert und dass sie vor allem hilft, das
Interesse an regionaler Architektur und Landesgeschichte
wach zu erhalten.
Sabine Bock
16. Juni 2007
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