Aus
der Begründung der Jury zur Verleihung des
Annalise-Wagner-Preises 2003 an „Theater in
Neubrandenburg : Beiträge zur Geschichte darstellenden
Verhaltens“ von Matthias Wolf
"Das
Verstehen der Kultur eines Volkes führt dazu, seine
Normalität zu enthüllen, ohne daß seine Besonderheit
dabei zu kurz käme...", mit diesem Zitat des
Kulturanthropologen Clifford Geertz unter Nutzung seiner
Methode der "dichten Beschreibung", die einen
Beitrag leisten kann zum Verständnis kultureller Systeme,
greift der Kulturwissenschaftler Matthias Wolf weit zurück
in die Geschichte einer deutschen Provinz, um sich auf die
Spuren von dessen Theater zu begeben.
Auf
ca. 280 Druckseiten, inklusive aufschlußreichen
Literatur- und Quellenangaben, entwickelt der Autor dem
Leser - die Zeitspanne von 1726 bis zum Jahr 2000
umfassend - die Geschichte darstellenden Verhaltens in der
Stadt Neubrandenburg mit dessen Schauspielhaus im Zentrum,
des (Groß-) Herzogtums und des Freistaates
Mecklenburg-Strelitz sowie des Bezirkes Neubrandenburg bis
zur gegenwärtigen Situation.
Getreu
dem wissenschaftlichem Ansatz, Theater nicht ausschließlich
als Kunst, sondern das Theatralische als alltägliche,
kulturelle und politische Bewegung - Theater im Alltag -
zu betrachten, entstand eine spannende Dokumentation, die,
exakt recherchiert, eine fundierte neue Quelle darstellt,
auf die nachfolgende Forschung zurückgreifen kann.
Wolf
hat in jahrelanger Forschung bisher unbeachtete
Materialien erschlossen und damit der Geschichte des
deutschen Theaterbetriebes im Besonderen und der
mecklenburgischen Regionalgeschichte im Allgemeinen einen
wertvollen Dienst erwiesen.
Hier
schließt er, wenn auch nicht in direkter Linie
vergleichbar, an die Bemühungen der Stifterin des Preises
an, die u. a. 1969 „Beiträge zur Theatergeschichte von
Neustrelitz von 1726 bis 1848“ veröffentlichte. Genau
wie Annalise Wagner kommt auch Wolf auf Grund der
historischen Tatsachen nicht umhin, die Verwobenheit der
beiden regionalen Zentren Neustrelitz und Neubrandenburg
zu beschreiben, wobei ein kulturell-historisches Städteporträt
entsteht.
Im
Zusammenhang mit dem Forschungsgewinn, dem Vorgehen nach
neuesten wissenschaftlichen Methoden, unter Einbeziehung
moderner Betrachtungsweisen, möchte die Jury auch
besonders den Aspekt der vergnüglichen Lesbarkeit und der
literarischen Qualität des Textes hervorheben.
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